Warum du dich wie eine schlechte Mutter fühlst…

… und was du dagegen tun kannst.

Du wolltest vollstillen und jetzt sind Probleme aufgetaucht.

Du musst zufüttern, vielleicht mit Pre-Nahrung, vielleicht klappt stillen gar nicht.

Viele Frauen, denen es so geht, machen sich Vorwürfe und haben das Gefühl, eine schlechte Mutter zu sein.

Bestimmt hat dir auch schon jemand gesagt, vielleicht dein Partner: Du wolltest doch vollstillen. Du hast es doch versucht, nur weil es nicht klappt, bist du doch deswegen keine schlechtere Mutter.

Aber du kannst das tief in dir drin nicht glauben. Wieso nicht?

Weil wir uns und andere nicht nach ihrer Intention bewerten, sondern nach ihrem Ergebnis. Die Intention spielt meistens schon eine Rolle, aber nur eine untergeordnete.

Ich gebe dir mal ein Beispiel. Als ich ungefähr 18, 19 Jahre alt war, hat meine Mama mir Unterhosen geschenkt. Das waren so richtig große Unterhosen, in Gr. 42/44, und ich hatte vielleicht Konfektionsgröße 38.

Sie waren grässlich.

Ihre Begründung war, dass sie gerne möchte, dass ich schön warme Unterhosen trage, um keine Blasenentzündung zu bekommen. Kurz gesagt, ich war nicht wirklich böse, weil ihre Intention ja gut war, aber ich fand das Geschenk trotzdem grässlich.

Ein anderes Beispiel. Stell dir vor, du hast eine Freundin, die immer zu spät kommt. Ihr verabredet euch fürs Kino, und du sagst noch: Bitte sei diesmal pünktlich, sie verspricht es und kommt trotzdem zu spät. Sie sagt, sie hätte die Intention gehabt pünktlich zu sein, aber irgendwas ist dazwischen gekommen. Na klar bist du trotzdem enttäuscht oder sauer, auch wenn du glaubst, dass sie eine gute Intention hatte, weil sie es schon wieder nicht hingekriegt hat.

Und das ist ja gesellschaftlich komplett verbreitet. Wenn du die Intention hattest, ein 1er-Abitur zu machen, aber nur ein 3er-Abi gemacht hast, dann bewerten dich zukünftige Arbeitgeber auch nicht nach deiner Intention, sondern nach deinem Ergebnis.

Und selbst juristisch betrachtet: wenn du im Affekt einen Menschen umbringst, dann wirst du zu Totschlag verurteilt – zwar nicht zu Mord, weil du nicht die Intention hattest, jemanden umzubringen, aber du wirst trotzdem für deine Handlung verurteilt.

Und deswegen ist es völlig normal, dass dem Argument, dass du keine schlechte Mutter bist, weil du ja eigentlich vollstillen wolltest, nicht wirklich glauben kannst.

Aber wie gehst du jetzt damit um?

Es ist im Grunde eine emotionale Sache. Vom Kopf her weißt du, dass es Quatsch ist. Aber mit dem Herzen kannst du es nicht glauben.

Und das eigentlich Problem liegt in deiner Identität. Deine Mutter-Identität hast du schon lange, bevor du selbst Mutter wurdest, aufgebaut.

Du wolltest dein Kind vollstillen, weil du weißt, dass es die artgerechte Ernährungsform ist.

Du wolltest keine Flaschenmama sein. Ist nicht deine gewählte Identität.

Du wolltest diese vermeintlich einmalige körperliche Verbindung zu deinem Kind haben, du wolltest die vielleicht einzige Gelegenheit in deinem Leben nutzen, das Stillen als weibliche Körperfunktion zu meistern.

Das alles war oder ist ein integraler Bestandteil deines inneren Bildes davon, wie eine Mutter zu sein hat, wie du als Mutter sein willst.

Du hast da ein Bild vor Augen, das jetzt schwer erreichbar oder unerreichbar scheint.

Und ich weiß gerade nichts darüber, du selbst vielleicht auch nicht, wie sich eure Stillbeziehung entwickelt. Aber stellen wir uns einmal vor, das Stillen ginge gründlich schief. Klappt gar nicht, egal was du machst.

Möchtest du dein Leben lang mit dem Gefühl herumzulaufen, eine schlechte Mutter zu sein, weil es nicht geklappt hat?

Du weißt, dass das Unsinn ist. Es macht keinen Sinn. Es wäre auch für dein Kind schlecht, eine Mutter zu haben, die ständig ein schlechtes Gewissen hat.

Deswegen steht für dich ein Identitätswechsel an.

Seine Identität zu ändern ist nicht leicht, aber du bist es dir selbst schuldig.

Wenn dein Kind ein Bein hätte, würdest du von ihm erwarten, dass es genauso schnell rennen kann wie andere Kinder? – Nein, wie unfair wäre das.

Stell dir eine Mutter vor, die mit ihrem Kind von Krieg fliehen muss. Soll sie sich vorwerfen, oder würdest du ihr vorwerfen, dass sie ihrem Kind kein Dach über dem Kopf und keine Gemüsequetschies zu bieten hat? Nein, wie unfair wäre das.

Sei einfach nur fair zu dir, und überlege, wie du eine gute Mutter sein kannst innerhalb der Rahmenbedingungen, die du hast. Suche dir eine neue Identität.

Und ganz ehrlich, wenn du es an dieser Stelle schaffst, genau das zu tun, dann hat du ein entscheidendes Level Up gemacht. Damit trainierst du eine Fähigkeit, die du noch oft brauchen wirst. Weil du als Mutter noch oft an den Punkt kommen wirst, an dem du das dir selbst vorgestellte Optimum der Mutterschaft aufgrund irgendwelcher Rahmenbedingungen nicht haben kannst.

Forsche in dir nach, wie du als Mutter sein willst. Dazu gehört vor allem auch, welche Beziehung du zu deinem Kind haben möchtest, welche Atmosphäre du zuhause schaffen möchtest, wie du das Leben mit deinem Kind erleben möchtest.

Und die Ernährung deines Babys wird sich am Ende in diese Vorstellungen einreihen.

Ich kann dir hier auch einen Tipp geben, den du annehmen kannst, aber nicht musst.

Aber ich stelle mir vor, dass ich als gute Mutter resilient bin. Das heißt, ich bin Rückschlägen ausgesetzt, aber ich bin anpassungsfähig und hole aus der schlechten Situation das beste heraus.

Ja, ich bin traurig. Ich darf traurig sein. Wäre ich die Mutter im Krieg, wäre ich unfassbar traurig, dass ich mein Zuhause hinter mir lassen muss und meinem Kind keines bieten kann, weil ich es mir so sehr für mein Kind gewünscht hätte. Aber ich gehe fort, und ich biete meinem Kind das beste, was ich ihm in meiner persönlichen Situation überhaupt bieten kann. Und das macht mich zu deiner guten Mutter.

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